Wir werden von einer Krise zur nächsten gehetzt. Die Panikmache nimmt kein Ende. Fake News und Haltungsjournalismus sind die Instrumente, die die Gesellschaft in den Wahn treibt. Und ist es auch Wahnsinn, so hat es doch Methode. Massenpsychose ist die Methode der totalitären Herrschaft.
Der Wahn der Massen
„Nie haben die Massen nach Wahrheit gedürstet,“ schrieb der große französische Psychologe und Soziologe Gustav Le Bon. Er beobachtete, dass sich Menschen gerne von unangenehmen Tatsachen abwenden und Irrtümer verherrlichen, wenn diese nur verführerisch genug sind. Damit sind die Massen leicht durch skrupellose Herrscher manipulierbar. Aufklärer hingegen werden verachtet und verfolgt.
Obwohl Le Bon seine Untersuchung Psychologie der Massen vor 130 Jahren verfasste, ist sie so aktuell wie je zuvor. Die Natur des Menschen hat sich nicht geändert. Auch der Psychologe Carl Gustav Jung sah eine große Gefahr in einer psychischen Epidemie. Von psychischer Epidemie ist dann die Rede, wenn in einer Gesellschaft die Geisteskrankheit zur Norm wird. Es sind also nicht Naturkatastrophen oder Viren, die unsere Zivilisation bedrohen, sondern unsere Unfähigkeit, die verborgenen Kräfte unserer Psyche zu beherrschen.
Die mit Abstand gefährlichste aller psychischen Epidemien ist die Massenpsychose. Hierbei handelt es sich um eine Epidemie des Wahnsinns. Sie tritt dort auf, wo ein großer Teil einer Gesellschaft, den Bezug zur Realität verliert und in Wahnvorstellungen versinkt. Dieses Phänomen ist keine Fiktion. Ein Beispiel für Massenpsychose sind die Hexenjagden, die im 16. Und 17. Jahrhundert in Europa und Amerika wüteten. Tausende von Menschen, vorwiegend Frauen, wurden zu Sündenböcken eines wahnsinnig gewordenen Mobs und am Scheiterhaufen verbrannt. Ein weiteres Beispiel ist der Aufstieg totalitärer Staaten im 20. Jahrhundert. Dem Nationalsozialismus und den kommunistischen Diktaturen fielen mehr als 150 Millionen Menschen zum Opfer.
Wie das Schüren von Angst zum Wahn führt
Die Folgen einer Massenpsychose können verheerend sein. In einer psychisch infizierten Gesellschaft sinkt das moralische und intellektuelle Niveau. Wenn eine Gruppe vom Wahnsinn befallen ist, verliert das Individuum alle Hemmungen und beteiligt sich an kollektiven Verbrechen, die es als Einzelperson niemals wagen würde. Was die Sache verschlimmert, ist, dass jene Menschen, die an einer Massenpsychose leiden, gar nicht bewusst ist, was vor sich geht.
Was verursacht eine Massenpsychose? Welche Bedingungen fördern dieses Phänomen?
Die häufigste Ursache für die Massenpsychose ist nicht körperlich, wie etwa Drogenkonsum oder eine Hirnverletzung, sondern psychisch. Wenn Menschen von negativen Emotionen – insbesondere Angst – überflutet werden, geraten sie in Panik. Ein Dauerzustand der Panik versetzt eine Person in Stress. Um diesen zu bewältigen, gibt es zwei Möglichkeiten: Kampf oder Flucht. Entweder man konfrontiert die Bedrohung und beseitigt sie. Oder man entflieht ihr durch einen „psychotischen Zusammenbruch“. Hierbei handelt es sich keinesfalls um einen Abstieg in eine größere Störung, sondern um eine Neuordnung der Erfahrungswelt. Wahnvorstellung und Realität werden so miteinander vermischt, dass die überwältigenden Gefühle der Angst gelindert werden. Doch der Preis dieser krankhaften Art der Stressreduktion ist Realitätsverlust.
Manipulation und totalitäre Herrschaft
Besonders anfällig für einen solchen psychotischen Zusammenbruch sind schwache und verletzliche Individuen. Erfundene Bedrohungen lösen in diesen Menschen eine Welle an negativen Emotionen aus, was unmerklich in Wahnvorstellungen enden kann. Wo eine Bevölkerung systematisch manipuliert wird, kann sie umso leichter in eine Massenpsychose getrieben werden. Diese Form der staatlichen Manipulation ist Kennzeichen des Totalitarismus. Im Totalitarismus wird die staatliche Macht in einer Person oder Partei zentralisiert, während die individuellen Freiheitsrechte ausgelöscht werden. Somit wird die Gesellschaft auf zwei ungleiche Pole reduziert: Die Herrschenden und die Beherrschten.
Die soziale Dynamik in einem totalitären System ist pathologisch. Die Herrschenden lassen sich als gottähnliche Figuren verherrlichen. Die Massen hingegen werden in einen regressiv-kindlichen Geisteszustand versetzt. Hannah Arendt formulierte es in ihrem Buch The Origins of Totalitarianism so: „Es ist, als hätte sich die Menschheit gespalten in diejenigen, die an die menschliche Allmacht glauben (die glauben, dass alles möglich ist, wenn man es versteht, die Massen dafür zu organisieren), und diejenigen, für die die Ohnmacht zur wichtigsten Erfahrung ihres Lebens geworden ist.“
Wer also fähig ist, kollektive Gefühle zu manipulieren, kann die Gesellschaft auch nach seinen Vorstellungen organisieren. Männer und Frauen, die in kindliche Verhaltensmuster zurückfallen, sind leichter beherrschbar. Durch Massenpsychose schaffen machthungrige Politiker und Bürokraten ein Staatsvolk von unterwürfigen Untertanen.
Kann man sich vor Massenpsychose schützen?
Noch nie gab es so effektive Mittel, um eine Gesellschaft zu manipulieren und in die Massenpsychose zu treiben, wie heute. Über Smartphone, Internet und soziale Medien wird Propaganda verbreitet und unerwünschte Information zensiert. Zudem haben diese Technologien einen bedeutenden Suchtfaktor, weshalb sich viele ganz freiwillig der Propaganda unterwerfen. Entsprechende Gegenmittel sind die Vermeidung von Reizüberflutung. Nehmen Sie sich also Zeit für Ruhe, Meditation und Reflexion.
Nicht nur der blinde Medienkonsum macht anfällig für Manipulation. Wer außerdem einsam und isoliert ist, kompensiert die innere Leere durch gesellschaftlich vorgegebene Werte. Das macht ihn anfälliger für kollektive Wahnvorstellungen. Das Gegenmittel ist der gesunde und regelmäßige soziale Austausch mit Familienmitgliedern, Freunden und Kollegen. Pflegen Sie Beziehungen mit Menschen, die Sie lieben. Der amerikanische Gitarrist Jimi Hendrix hatte vielleicht Recht, als er sagte, es würde Frieden geben, „wenn die Macht der Liebe die Liebe zur Macht überwindet.“